Prof. Dr. Erik Eybl war langjähriger Leiter des Schadenmanagements eines großen österreichischen Versicherers. Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums wirft er Schlaglichter auf die Entwicklung des VVO.

1899

Zu dieser Zeit stand Österreich auf dem Höhepunkt der Industrialisierung. Das bedeutete für die Versicherungsbranche einerseits neue Risken, aber auch eine enorme Ausweitung alter Risken. Zum Beispiel erforderte die Eisenbahn, die das Transportwesen revolutioniert hat, auf einmal eine neue Deckung. Oder in der Feuerversicherung die zahlreichen Hinterhofwerkstätten, die in den Städten entstanden sind und das Feuerrisiko in den Städten enorm erhöht haben. Genauso auch die Risken des Alters wegen Krankheit oder Unfall, weil die alten Versorgungseinrichtungen, die noch auf die Zünfte zurückgingen, zerfallen sind.

Die Versicherungsbranche hat aber auch innovative Ideen gehabt und zum Teil Versicherungen angeboten, die heute skurril anmuten. Es gab eine Valorenversicherung gegen Mottenbefall in Pelzen. Das war die eine Herausforderung für die Branche, die andere war die Schaffung der rechtlichen Grundlagen. Bezüglich des Versicherungsaufsichtsrechtes konnte man hier auf gute Vorarbeiten zurückgreifen. Beim Versicherungsvertragsrecht gestaltet sich die Arbeit sehr zäh und konnte erst unter dem Druck des Ersten Weltkrieges 1915 beendet werden.

1918

Der Zusammenbruch Österreich-Ungarns und die Auflösung dieses Staates war für die österreichische Wirtschaft natürlich eine Katastrophe. Man muss sich vorstellen, dass aus einem Binnenmarkt von 52 Millionen Menschen in Österreich 6 Millionen übrig blieben. Diese Krise musste man einmal bewältigen und das ist den Versicherungen gut gelungen. Einerseits waren sie in Immobilien investiert, andererseits nahmen sie nicht am Volkssport der 1920er-Jahre teil – der Währungs- und Aktienspekulation. Diese Aktienspekulation führte zur Weltwirtschaftskrise 1929.

1929

Auch die Weltwirtschaftskrise wurde von der Versicherungswirtschaft gut bewältigt, aber der Schlag kam aus der Branche selbst. Die Phönix-Versicherung wurde durch aggressives Prämien-Dumping und auch Aufkäufe im Ausland zur zweitgrößten Lebensversicherung Europas. Allerdings waren die Deckungen nicht vorhanden. Die Sanierung dieser Situation musste von der Versicherungswirtschaft und den Kunden übernommen werden. Das Ganze hatte aber auch etwas Gutes. Man erkannte die Lücken im Versicherungsaufsichtsrecht und konnte diese schließen. Und seit dem Fall der Phönix-Versicherung gab es in der österreichischen Versicherungswirtschaft keine Insolvenz mehr.

1946

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1945 stand die österreichische Versicherungswirtschaft wieder vor einer Stunde Null. Trotzdem konnte die Versicherungswirtschaft ihre Verpflichtungen den Kunden gegenüber immer erfüllen. Eine schwierige Aufgabe war auch die Entflechtung des österreichischen und deutschen Eigentums an Versicherungsgesellschaften, da die ja in den Jahren der deutschen Besetzung zum Teil fusioniert wurden oder einander aufkauften. Ein ganz besonderes Zeichen setzte Österreich, als es 1953 als Gründungsmitglied dem „Europäischen Versicherungskomitee CEA“ beitrat und damit ein klares Zeichen setzte für die Integration in eine freie westliche Wirtschaft.

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